Alle fünf Jahre werden die Abgeordneten zum Europäischen Parlament neu gewählt. Das Europäische Parlament ist das einzige direkt von den UnionsbürgerInnen gewählte Organ der Europäischen Union. Die nächste Wahl findet von 23. bis 26. Mai 2019 statt. Die einzelnen Mitgliedstaaten können innerhalb dieses Zeitrahmens ihren Wahltermin festlegen, wobei sich fast alle Staaten, auch Österreich, für Sonntag, den 26. Mai 2019, entschieden haben. Europaweit werden 340 Millionen UnionsbürgerInnen wahlberechtigt sein. Die konstituierende Sitzung des neu gewählten Parlaments findet am 2. Juli 2019 statt. Dabei wird die/der ParlamentspräsidentIn und deren/dessen 14 VizepräsidentInnen gewählt. Derzeit setzt sich das Europäische Parlament aus 751 Abgeordneten zusammen. Nach der Wahl im Mai 2019 wird für die Wahlperiode 2019 bis 2024 die Mitgliederzahl auf 705 Abgeordnete schrumpfen. Österreich ist aktuell durch 18 Abgeordnete in Brüssel und Straßburg vertreten; zukünftig wird ein weiteres Mandat hinzukommen. Grund für diese Änderungen ist der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. Die Mandate im Europäischen Parlament werden nach dem Prinzip der degressiven Proportionalität auf die Mitgliedstaaten verteilt. Folglich sind die kleineren Staaten verhältnismäßig stärker vertreten als die größeren. Für die Wahl gilt in jedem Mitgliedstaat eine eigene Wahlordnung, wie beispielsweise die Europawahlordnung (EuWO) in Österreich. Diese sieht für Österreich eine Sperrklausel von vier Prozent vor, die eine Partei überschreiten muss, um ins Europäische Parlament einzuziehen. Die nationalen Wahlordnungen müssen sich jedoch an zwingende europarechtliche Vorgaben, wie die Verpflichtung zur Durchführung der Wahl auf Grundlage eines Verhältniswahlrechts, halten.

 

Die Befugnisse des Europäischen Parlaments

Es gibt drei Kategorien von Befugnissen, die dem Europäischen Parlament zukommen: Legislativbefugnisse, Haushaltsbefugnisse und eine Kontrollbefugnisse.

Die Legislativbefugnisse des Europäischen Parlaments wurden mit dem Vertrag von Lissabon 2009 erweitert. Es übt die Gesetzgebungskompetenz gemeinsam mit dem Rat der Europäischen Union, in dem Mitglieder der nationalen Regierungen vertreten sind, aus. Das Gesetzesinitiativrecht, also das Recht, ein Gesetzgebungsverfahren einzuleiten, liegt ausschließlich bei der Kommission. Sie unterbreitet den ersten Vorschlag für eine Verordnung, eine Richtlinie oder einen Beschluss. Auf europäischer Ebene wird zwischen dem Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und dem Besonderen Gesetzgebungsverfahren unterschieden.

Im Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (auch Mitentscheidungsverfahren), das für die meisten Sachmaterien – von Wirtschaftspolitik, über Einwanderung bis zum Umweltschutz – zur Anwendung gelangt, sind Europäisches Parlament und Rat gleichberechtigt. In bis zu drei Lesungen, in denen der Entwurf zwischen den beiden Organen hin und her wechselt, versuchen diese zu einem gemeinsamen Standpunkt zu gelangen. Zwischen zweiter und dritter Lesung wird ein Vermittlungsausschuss einberufen, um die Chancen auf ein positives Ergebnis zu erhöhen. Nachdem ein gemeinsamer Text beschlossen wurde, muss dieser noch von den PräsidentInnen und GeneralsekretärInnen beider Organe unterzeichnet werden. Die Rechtsnorm ist entstanden, sobald sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde. In der politischen Realität erfolgen 80 Prozent der Einigungen bereits nach der ersten Lesung. Das Besondere Gesetzgebungsverfahren kommt nur in wenigen Fällen zur Anwendung. In diesem Verfahren spielt das Europäische Parlament nur eine konsultative Rolle, wie es früher der Regelfall war. Das Parlament kann einen Vorschlag billigen, ablehnen oder Änderungen vorschlagen. Der Rat muss dieser Stellungnahme jedoch nicht folgen.

Ebenfalls gemeinsam mit dem Rat entscheidet das Europäische Parlament über den Jahreshaushalt der EU. Es liegt wiederum an der Kommission, einen Haushaltsplan vorzulegen, über den Rat und Parlament versuchen, zu einem gemeinsamen Standpunkt zu gelangen.

Neben Gesetzgebung und Haushaltsbefugnis liegt die dritte Funktion des Parlaments darin, die Arbeit anderer Institutionen der Europäischen Union zu überwachen. Insbesondere hat es sicherzustellen, dass der Haushalt der Europäischen Union eingehalten wird.

 

Abgeordnete, Ausschüsse und die/der PräsidentIn

 Die Abgeordneten zum Europäischen Parlament schließen sich nach politischer Ausrichtung und nicht nach Staatsangehörigkeit zu Fraktionen zusammen. Die Bildung einer Fraktion setzt mindestens 25 Abgeordnete voraus. Derzeit finden sich im Europäischen Parlament acht Fraktionen. Daneben gibt es auch Mitglieder des Europäischen Parlaments, die keiner Fraktion angehören. Auch auf europäischer Ebene existiert ein sogenanntes freies Mandat, welches vorsieht, dass Abgeordnete an keinerlei Aufträge oder Weisungen gebunden sind. Seit 2009 werden die Abgeordneten nach den Bestimmungen des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments entschädigt. Bis dahin galten für alle Abgeordneten nationale Regelungen, was beträchtliche Einkommensunterschiede zur Folge hatte.

Ein großer Teil der Arbeit des Parlaments findet in den ständigen Ausschüssen statt. Die Abgeordneten teilen sich auf bestimmte Bereiche auf und bereiten dort die Plenumssitzungen vor.

Der/die PräsidentIn wird jeweils für zweieinhalb Jahre, also für die Hälfte der Legislaturperiode, gewählt. Eine Wiederwahl ist zulässig. Er oder sie leitet die Sitzungen im Plenum und hat für die Einhaltung der Geschäftsordnung zu sorgen. Im Gesetzgebungsverfahren kommt ihm/ihr die Aufgabe zu, gemeinsam mit dem/der PräsidentIn des Rates die beschlossenen Rechtsakte zu unterzeichnen.

 

Ablauf der Sitzungen

Das Parlament trifft sich monatlich, mit Ausnahme von August, in Straßburg zu viertägigen Sitzungen. Zusätzliche Sitzungen werden in Brüssel abgehalten. Die Plenartagungen des Europäischen Parlaments werden in 24 Sprachen abgehalten. Da die Redebeiträge simultan in alle Amtssprachen der Union übersetzt werden, ist damit ein großer organisatorischer Aufwand, insbesondere für die DolmetscherInnen, verbunden. Die Redezeit pro Person hängt davon ab, wie viele Abgeordnete zu einem Thema eine Wortmeldung abgeben wollen und kann daher mitunter sehr kurz ausfallen. Abstimmungen erfolgen grundsätzlich durch Handzeichen. In unklaren Fällen oder wenn eine namentliche Abstimmung verlangt wird, kann auch eine elektronische Abstimmung durchgeführt werden. Für die meisten Angelegenheiten ist als Konsensquorum eine absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen vorausgesetzt. Das Präsensquorum, die Voraussetzung für die Beschlussfähigkeit, liegt bei einem Drittel der Mitglieder des Europäischen Parlaments.

 

Text: Maximilian Blassnig.

Foto: Christian Wiediger.

 

Weitere Informationen

Informationen des Österreichischen Parlaments zur Europäischen Union: https://www.parlament.gv.at/PERK/PE/

Kampagne des EP zur EU-Wahl: https://www.diesmalwaehleich.eu

Verbindungsbüro des EP in Österreich: http://europarl.europa.eu/austria/de/

Aufbau und Arbeitsweise: http://www.europarl.europa.eu/about-parliament/de/organisation-and-rules

Legislativbefugnis: http://www.europarl.europa.eu/about-parliament/de/powers-and-procedures/legislative-powers

Ablauf ordentliches Gesetzgebungsverfahren: http://www.europarl.europa.eu/external/html/legislativeprocedure/default_de.htm

Haushaltsbefugnis: http://www.europarl.europa.eu/about-parliament/de/powers-and-procedures/budgetary-powers

Kontrollbefugnisse: http://www.europarl.europa.eu/about-parliament/de/powers-and-procedures/supervisory-powers

Zeitleiste des Europäischen Parlaments: http://www.europarl.europa.eu/external/html/ephistory/default_en.htm

Wahlergebnisse bisheriger Wahlen zum Europäischen Parlament: http://www.europarl.europa.eu/about-parliament/de/in-the-past/previous-elections

Aufzeichnungen und Live-Übertragung der Plenarsitzung: http://www.europarl.europa.eu/ep-live/de/plenary/