Überstürztes Gesetz zur neuen Aufgabenverteilung der Bundesminister

Worum geht es

Die Regierungskoalition hat eine neue Verteilung der Aufgaben an die künftigen Bundesminister vorgenommen. Sie hat sich dabei aber keineswegs auf die Arbeitsverteilung beschränkt, sondern auch grundlegende Änderungen im Bereich der Kompetenzen der Bundesregierung verfügt. Die Regierung begründet die neuen Ressortverteilung durch die Notwendigkeit für einen schnellen Arbeitsbeginn. Kritiker sehen jedoch die bewährten Regierungs- und Verfassungsgrundsätze in gewissen Punkten zumindest in Frage gestellt.

Deshalb ist es besonders bedauerlich, dass insbesondere den oppositionellen Abgeordneten zur Prüfung der Gesetzesinitiativen und ihrer Auswirkungen nur Stunden – laut einem Abgeordneten lediglich fünf Stunden – zu Verfügung standen. Das Gesetz über die neue Ressortverteilung trat am 8.Jänner 2018 in Kraft.

Die neue Ressortverteilung wird ab 8.Jänner wie folgt geregelt (Änderungen kursiv, Tabelle von help.gv.at)

 

Alte Bezeichnung Neue Bezeichnung
Bundeskanzleramt Bundeskanzleramt
Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport
Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres
Bundesministerium für Bildung Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung
Bundesministerium für Familien und Jugend Entfällt als eigenes Bundesministerium, künftig bei Bundeskanzleramt
Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort
Bundesministerium für Finanzen Bundesministerium für Finanzen
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Entfällt

Bereich „Gesundheit“: künftig bei Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

Bereich „Frauen“: künftig bei Bundeskanzleramt

Bundesministerium für Inneres Bundesministerium für Inneres
Bundesministerium für Justiz Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz
Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport Bundesministerium für Landesverteidigung
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Entfällt

Bereiche „Wissenschaft“ und „Forschung“: künftig bei Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung

Bereich „Wirtschaft“: künftig bei Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

Normen

Bundesministeriengesetz-Novelle 2017

Worin liegt das Problem

Regierungsämter nach zeitgenössisch bedeutsamen Verwaltungsaufgaben zu benennen, ist keineswegs neu. So kannte das Kabinett Figl I 1945 ein Ministerium für „Volksernährung“. Später kamen dann Ministerien wie „Umweltschutz“ „Frauenangelegenheit“, „Familien“ usw. hinzu. In all diesen Fällen war aber ungeachtet einer politischen Schwerpunktsetzung immer noch ein Zusammenhang mit konkreten Verwaltungsaufgaben des Bundes erkennbar.

Nunmehr wurde ein Ministerium für „Nachhaltigkeit“ und eines für „Reformen“ – nicht Verwaltungsreform, diese Aufgabe befindet sich in der Kompetenz des BM für öffentlichen Dienst und Sport! – geschaffen. Diese Agenden finden sich aber nicht in den im Gesetz konkret aufgezählten Aufgaben der jeweiligen Minister wieder. Man fragt sich, wird es nächstens auch ein Ministerium für „gute Verwaltung“ oder „Bürgergerechtigkeit“ geben?

Auch die Methode, Verwaltungsaufgaben nicht nur einem Minister, sondern einer Person zuzuordnen, lässt die Frage nach dem sachlichen Sinn offen. Wichtige Bereiche, die traditionell in den Aufgabenbereich des Bundeskanzlers fielen wurden auf andere Ministerien ausgegliedert. Insbesondere sind die Angelegenheiten der Bundesverfassung, der Verfassungen der Länder – und damit der Beziehung zwischen Bund und Ländern, – der Grund- und Freiheitsrechte und der Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit aus der Kompetenz des Regierungschefs gestrichen worden. Sie werden in Zukunft von Fachministern wahrgenommen. Ob diese Kompetenzverschiebung sinnvoll ist, kann zurecht hinterfragt werden. Immerhin schrieb der Verfasser der Bundesverfassung Hans Kelsen in seinem Kommentar, dass die Gestaltung des Verhältnisses zwischen der Zentralautorität und den Ländern in die Hand des Chefs der Bundesregierung gelegt sein müsse. Ob da die Aussage eines Abgeordneten, dass das betreffende Ministerium „auf den Amtsinhaber zugeschnitten sei“, ausreicht?

Letztlich ist auch die geringe Zeit zu kritisieren, die den Abgeordneten zum Studium des Gesetzesentwurfes zu Verfügung stand. Die mangelnden Ressourcen, welche Abgeordneten im Parlament zu Verfügung stehen, wurden von uns bereits mehrfach kritisiert. Es ist aber im Falle der Bundesministeriumsnovelle 2017 umso bedauerlicher, dass den Abgeordneten lediglich Stunden zur Verfügung standen, um eine ausgewogene und begründete Entscheidung treffen zu können. Dass diese Zeit nicht ausreichte, wurde von allen Oppositionsparteien kritisiert und sogar die Regierungsparteien zeigten für diese Kritik Verständnis. Wie ein Abgeordneter richtig feststellte, bringt dies die Abgeordneten nämlich in die Situation, über etwas abstimmen zu müssen, dass sie gar nicht kennen. Das kann nicht im Sinn einer parlamentarischen Demokratie sein.

Qualitätskriterien

OrdnungPraxistauglichkeitVerständlichkeitGrundregeln des Prozesses