Staatsgeheimnis Parteifinanzen

Worum geht es

Das Parteiengesetz 2012 wurde mit dem Ziel erlassen, Transparenz und Kontrolle im Bereich der Parteienfinanzierung zu erhöhen. Das Gesetz beinhaltet insbesondere:

  • Regelungen für die Finanzierung von politischen Parteien aus Bundesmitteln.
  • Verbesserung der Vorschriften im Bereich der Rechenschaftsberichte der politischen Parteien.
  • Strengere Überprüfung von Spenden an politische Parteien, einzelne Abgeordnete des Parlaments, und an Organisationen, die politischen Parteien nahestehen.
  • Vorgaben für die Vergabe von Werbeaufträgen und Förderungen öffentlicher Stellen.

Darüber hinaus

Grundsätzlich kennt die österreichische Rechtsordnung drei Begriffe für Zusammenschlüsse im demokratischen Willensbildungsprozess: die „politische Partei“, den „parlamentarischen Klub“ und die „wahlwerbende Partei“ bzw. Gruppe. 2013 wurde versucht diesem Zustand durch eine Änderung der Regelungen der Geschäftsordnung des Nationalrates entgegen zu halten. Es wurde unter anderem beschlossen, dass wahlwerbende Parteien nur zu Beginn der Gesetzgebungsperiode einen Parlamentsklub bilden dürfen. Abgeordnete, die unterschiedlichen wahlwerbenden Parteien angehören dürfen nur mit Zustimmung der Mehrheit des Nationalrats einen Klub bilden.

Normen

GOG-NR 1975
Parteigesetz 2012

Worin liegt das Problem

Bei den Einzelbestimmungen des Parteiengesetzes bestehen nach Berichten des Rechungshofes vor allem folgende Mängel:

  • Unpräzise Formulierungen im Gesetz führen zu unterschiedlichen Auslegungen, auch bei den bestellten Wirtschaftsprüfern. Der Rechnungshof sieht in einigen Fällen den Bedarf gesetzlicher Klarstellungen des Parteiengesetzes, beispielsweise bei der Frage, in welchem Zeitraum wahlwerbende Parteien die Rechenschaftspflicht erfüllen oder wie die Einnahmen und Ausgaben der Landes-, Bezirks- und Gemeindeorganisationen gegliedert werden müssen. Auch ist eine Regelung des Nachweises der Einhaltung der Grenzen der Wahlwerbungsausgaben noch ausständig.
  • Gesamtspendensummen müssen nicht angegeben werden. Formal gibt es zwar eine Regelung, dass Spender bekannt gegeben werden müssen, bei Nichtbefolgung gibt es keine Sanktionen.
  • Parlamentsklubs und Parteienakademien sind von der Rechenschaftspflicht ausgenommen. Eine letzte freiwillige Prüfung der Klubs fand in den 90er Jahren statt.
  • Der Rechnungshof hat nur formale Prüfungsrechte, aber kein materielles Einschau- und Prüfungsrecht in die Bücher der politischen Parteien. Das bedeutet, dass er die Vollständigkeit und die Richtigkeit der Inhalte nicht überprüfen kann. Eine umfassende Kontrolle der Finanzen der politischen Parteien ist daher nicht möglich und die zweckmäßige Verwendung der öffentlichen Mittel der Parteienförderung mangels klar definierter Zwecke nur erschwert kontrollierbar.
  • Wenn kein Rechenschaftsbericht an den Rechnungshof übermittelt wird, sind auch keine Sanktionen vorgesehen.

Darüber hinaus

Manfred Stelzer, Professor am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien, wies bereits 2007 anlässlich damals aktueller Fälle darauf hin, dass das Parteiengesetz wesentliche ordnungsrechtliche Fragen offen lässt. Inzwischen sind die Überlappungen von politischen Parteien, wahlwerbenden Parteien bzw. Gruppen und Klubs noch viel größer geworden: Ehemals wahlwerbende Parteien lösen sich auf und deren Mitglieder wechseln zu neuen Fraktionen. Herkömmliche Parteien versuchen durch Änderung des Parteiennamens ihre Wahlchancen zu maximieren und einzelne Abgeordnete kandidieren mit Listen, die zumindest aus Sicht der politischen Absichten schwer von anderen Parteien zu unterscheiden sind.

2013 wurde versucht diesen Entwicklungen in einer neuen Regelung des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats Rechenschaft zu tragen. Inwieweit dies gelungen ist, bleibt aber fraglich. Beispielsweise muss bei einer Klubbildung die Mehrheit des Nationalrates und damit alle anderen Klubs, die ebenfalls um Wähler werben, ihrer eigenen Konkurrenz zustimmen. Zudem fehlt es völlig an Regeln betreffend Auflösung von Klubs bzw. der daraus entstehenden Fragen. Insbesondere verabsäumt es diese Regelung Unklarheiten, die sich beispielsweise aufgrund der zuvor angeführten verschiedenen Begriffe ergeben, zu beseitigen.

Der Gesetzgeber müsste daher – formalrechtlich – diesen neuerdings verstärkten Veränderungen in der Parteienlandschaft durch verbesserte gesetzliche Regelungen Rechnung tragen. Eine unabhängige, von der formalen Seite zu stellende Überlegung wäre auch, über den demokratiepolitisch-inhaltlichen Sinn einer Lockerung von Parteibindungen zu diskutieren.

Zusammenfassend …

… sind die Regelungen des Parteiengesetzes „ordnungsrechtlich“ zu verbessern. Teilweise sind sie unklar aufgrund von fehlenden Klarstellungen und Detaillierungen und in einigen Bereichen nicht oder nur bedingt vollzugstauglich. Einige Bestimmungen entsprechen nicht den nationalen sowie internationalen Standards, wie etwa das mangelhaft ausgestattete Überprüfungsrecht durch den Rechnungshof.

Qualitätskriterien

OrdnungPraxistauglichkeitVerständlichkeitRichtigkeitInternationaler Vergleich