Verschleierte Formulierungen im Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz

Worum geht es

Laut Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz ist es ab 1.Oktober verboten Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände zu verhüllen. Wer dies trotzdem tut, begeht eine Verwaltungsübertretung. Die Geldstrafe hierfür beträgt bis zu 150 Euro. Unter bestimmten Umständen sind Verhüllungen jedoch erlaubt: Etwa wenn sie im Rahmen von künstlerischer, kultureller oder traditioneller Veranstaltungen erfolgen, oder wenn sie bei Sportausübungen notwendig sind. Auch Verhüllungen, die gesundheitliche oder berufliche Gründe haben, sind von dem Verbot ausgenommen.

Das Ziel des Gesetzes soll die Förderung der Integration sein. Es soll eine Stärkung der Beteiligung am gesellschaftlichen Zusammenleben ermöglichen. Die Befugnis eine solche Regelung zu erlassen, stützt der Gesetzgeber auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Daraus und aus dem Zusammenhang der Norm mit einem neuen Integrations-, Niederlassungs- und Asylgesetz wird klar, dass es dem Gesetzgeber darum ging, die gänzliche Gesichtsverhüllung strenggläubiger Musliminnen in der Öffentlichkeit zu unterbinden.

Normen

AGesVG

Worin liegt das Problem

In dieser Kritik soll nicht beurteilt werden, inwieweit das Gesichtsverhüllungsverbot geeignet sein kann, die Integration von muslimischen Frauen zu fördern. Sie richtet sich gegen die unklaren Formulierungen der Norm. Obwohl das Ziel des Gesetzes ein Verbot von religiös motivierter Gesichtsverhüllung sein soll, spricht der Gesetzgeber das Burka-Verbot nicht aus. Der Grund hierfür ist offenbar die Besorgnis einer Grundrechts- und Gleichheitsverletzung. Mit anderen Worten: Ein Verstoß gegen unsere Verfassung. Also wurde in diesem neuen Gesetz ein allgemeines Gesichtsverhüllungsverbot erlassen, das sich im Wortlaut nicht an Musliminnen richtet. Die Auswirkungen für die Vollziehung sind noch ungeklärt.

Die Formulierung des Gesetzes lässt viele Fragen unbeantwortet: Wann hat eine Verhüllung gesundheitliche Gründe? Darf man eine Gesichtsmaske gegen Smog tragen? Ist es erlaubt einen über die Nase reichenden Schal bei Kälte zu tragen? Ist Kälte oder Smog objektiv oder subjektiv zu beurteilen? Darf man als Schutz gegen Kälte auch den Niqab verwenden oder nur „europäische Kleidung“?

Gesetze müssen klar und verständlich sein. Deshalb ist es wichtig, dass der Wortlaut einer Regelung mit ihrem Ziel übereinstimmt. Er sollte nicht – etwa zwecks Vermeidung von Grundrechtswidrigkeiten – auf Sachverhalte ausgeweitet werden, für die er gar nicht gedacht war. Eine solche Ausweitung öffnet Türen für Interpretationen und Anwendungen, die so vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt waren und daher bei der Anwendung einen hohen Aufwand für die Exekutive erfordern.

Qualitätskriterien

OrdnungPraxistauglichkeitVerständlichkeitGrundregeln des ProzessesRichtigkeitInternationaler Vergleich