Steckbrief
Die Wissenschaftlichen Dienste im Deutschen Bundestag dienen der Stärkung der Abgeordneten durch das Bereitstellen unabhängiger Information. Dadurch soll dem Ungleichgewicht an Information und Ressourcen zwischen Legislative und Exekutive entgegengewirkt werden.
Land | Deutschland |
Practice | Wissenschaftliche Dienste |
Abhängig/unabhängig | Unabhängig |
Aufgabe | Recherchen für Abgeordnete und Erstellen von unabhängiger, allgemein zugänglicher Information |
Vorteile | Stärkung der ParlamentarierInnen durch unabhängige Informationen |
Existiert seit | 2006 (als eigene Unterabteilung) |
Beschreibung
Die Regierung hat durch die Fachleute in den verschiedenen Ministerien einen großen Informationsvorsprung gegenüber den Abgeordneten. Die wissenschaftlichen Dienste im Bundestag sollen einen Ausgleich schaffen, indem sie Abgeordnete unterstützen. Die etwa 100 MitarbeiterInnen der wissenschaftlichen Dienste arbeiten parteipolitisch neutral und sachlich objektiv. Sie sind in zehn Fachbereiche gegliedert, welche sich an der Einteilung der deutschen Parlamentsausschüsse und Bundesministerien orientieren.
Die Aufgabe der wissenschaftlichen Dienste ist einerseits im Auftrag der Abgeordneten und Gremien Informationen zu recherchieren und zu analysieren. Andererseits werden sie selbstständig tätig, veröffentlichen Recherchen zu politisch relevanten Fragestellungen und informieren die Öffentlichkeit in ausgewählten Arbeiten, in dem sie aktuelle Themen in einen politischen oder gesellschaftlichen Zusammenhang stellen. Diese Veröffentlichungen spiegeln nicht die Auffassung des Deutschen Bundestags wider, sondern beruhen auf den Recherchen der einzelnen Fachbereiche. Seit 2016 sind die Recherchen der wissenschaftlichen Dienste auch der Öffentlichkeit zugänglich. Erkämpft wurde die Veröffentlichung dieser wertvollen, unabhängigen Information durch die Open Knowledge Foundation und das Portal „abgeordnetenwatch.de“ im Rahmen der gemeinsamen Kampagne „Frag den Bundestag“.
Vergleich zu Österreich
Das österreichische Pendant zum wissenschaftlichen Dienst ist der Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftliche Dienst (RWL Dienst). Zwar wurde der RWL Dienst in den letzten fünf Jahren ausgebaut, doch sind im Vergleich zu Deutschland seine personellen und finanziellen Ressourcen wesentlich geringer. Andererseits genießt er in der Öffentlichkeit kein so großes Ansehen wie sein deutsches Äquivalent. Das liegt unter anderem daran, dass seine Recherchen nicht standardmäßig veröffentlicht werden.
Eines der größten Probleme des RWL Dienstes ist der Mangel an personellen und finanziellen Ressourcen. Im Gegensatz hierzu stehen der Regierung viel mehr Ressourcen zur Verfügung, um Fachpersonal zu beschäftigen. Dies führt dazu, dass die Regierung im Normalfall einen großen Wissensvorsprung gegenüber dem Parlament hat.
Zudem wird der RWL Dienst nur im Auftrag des bzw. der PräsidentIn des Nationalrats tätig.
Vorteile der wissenschaftlichen Dienste
Die parteipolitisch neutrale und sachlich objektive Information der wissenschaftlichen Dienste in Deutschland stärkt die Entscheidungsfähigkeit von einzelnen Abgeordneten sowie die Gremien im Gesetzgebungsprozess – und hiermit auch ihre Stellung gegenüber der Regierung. Durch unabhängige, unparteiische Sachkompetenz soll der Wissensvorsprung der Exekutive gegenüber der Legislative verringert werden.
Weiterführende Informationen
Parlament: Legistische Unterstützung der Abgeordneten im europäischen Vergleich
Deutscher Bundestag – Die Unterabteilung Wissenschaftliche Dienste (WD)
Die Unterabteilung Europa, Informationsbroschüre (Stand Feb 2016)
Deutscher Bundestag: Die Verwaltung
Deutscher Bundestag: Organigramm Verwaltung des Deutschen Bundestages (Stand März 2017)
Die Zeit (Martin Strathmann, 25.01.2016), Bundesgutachten für jeden
Recherche und Text: Maximilian Blassnig